Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 01/2025:
Rechtsprechung und Gesetzgebung
- Viertes Bürokratieentlastungsgesetz: Gesetzgeber hat schriftliche Beschlussfassung vereinfacht
- Mindestlohn liegt bei 12,82 Euro in der Stunde: Das müssen gemeinnützige Vereine beachten
- JStG 2024: Umsatzsteuerbefreiung für Sport im deutschen Umsatzsteuerrecht wird nicht geändert
- Die E-Rechnung im Verein: FAQ der Finanzverwaltung geht auf Besonderheiten ein
- JStG 2024: So ist die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen ab 2025 neu geregelt worden
- Mitgliederversammlung: Bedingungen für virtuelle Teilnahme müssen bei Einladung klar sein
- Anmeldung der Teilnahme darf nur auf Satzungsgrundlage verlangt werden
- Mitgliederversammlung: Beschlussvorlagen müssen bei Einladung nicht wörtlich mitgeteilt werden
- Gebot der zeitnahen Mittelverwendung wird nicht abgeschafft
- Die neue Kleinunternehmerregelung: Das bedeutet sie für die Vereinspraxis
Vereinspraxis
Vereine fragen, Experten antworten
- Die Bedeutung der Amtsverlängerungsklausel: Bleibt der Vorstand unbegrenzt im Amt?
- Theaterverein: Ist die Vermietung eines Theatersaals ein Zweckbetrieb des Vereins?
- Kleingartenverein: Was gilt bei Schenkung und Weiterverkauf von Parzellen-Aufbauten?
Rechtsprechung und Gesetzgebung
Viertes Bürokratieentlastungsgesetz: Gesetzgeber hat schriftliche Beschlussfassung vereinfacht
| Das großteils am 01.01.2025 in Kraft getretene „Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (Bürokratieentlastungsgesetz IV) hat auch das BGB-Vereinsrecht zur schriftlichen Beschlussfassung geändert. |
Die Beschlussfassungsregelungen im Vereinsrecht
Die Beschlussfassung im Verein muss „in einer Versammlung der Mitglieder“ erfolgen. So steht es in § 32 Abs. 1 BGB. Es gibt davon nur eine Ausnahme die schriftliche Beschlussfassung. Sie ist nach § 32 Abs. 3 BGB für alle Arten von Beschlüssen möglich. Anders als bei Beschlüssen einer Versammlung ist aber die Einstimmigkeit erforderlich.
Dabei ersetzt die schriftliche Abstimmung den Versammlungsbeschluss. Ohne spezielle Satzungsregelung ist deswegen eine Kombination von Versammlungsbeschluss und schriftlicher Beschlussfassung nicht möglich. So kann z. B. eine ergänzende Briefwahl bei der Vorstandswahl nur durchgeführt werden, wenn die Satzung das ausdrücklich vorsieht.
Eine Ausnahme gibt es nach § 33 BGB nur für die Zweckänderung. Hier kann (bzw. muss) die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder schriftlich eingeholt werden. Nach den bisherigen Regelungen der §§ 32 und 33 BGB war dafür ausdrücklich die Schriftform erforderlich. Das bedeutet nach § 126 BGB die persönliche Unterschrift auf Papier. Sie kann nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder notarielle Beglaubigung ersetzt werden.
Die Neuregelung: Textform statt Schriftform
Die Neuregelung im Vierten Bürokratieentlastungsgesetz ändert das Schriftformerfordernis der §§ 32 und 33 BGB ab in die Textform. Aber auch für die Textform gelten bestimmte Anforderungen.
Wie werden Beschlüsse in Textform gefasst?
Voraussetzungen für eine Beschlussfassung per elektronischer Kommunikation ist aber, dass die Mitglieder die entsprechenden Medien nutzen. Das setzt entweder eine entsprechende Satzungsregelungen voraus oder die Einzelzustimmung jedes Mitglieds. Grundsätzlich genügt es auch, dass die entsprechenden Kommunikationsformen im Verein gang und gäbe sind. Das muss der Verein aber nachweisen können, sonst ist die Abstimmung anfechtbar.
Was bedeutet Textform?
Welche Vorgaben erfüllt sein müssen, damit eine Stimmabgabe die Anforderungen an die Textform erfüllt, regelt § 126b BGB. Sie muss
- lesbar sein, also aus Schriftzeichen bestehen (eine Ton- oder Videoaufzeichnung erfüllt die Voraussetzungen also nicht);
- dauerhaft gespeichert werden können. Dabei darf die Übertragung elektronisch erfolgen, wenn danach eine dauerhafte Speicherung möglich ist. Deshalb ist die Textform nicht eingehalten, wenn die Erklärung lediglich auf einer Internetseite angezeigt wird.
- den Namen des Erklärenden enthalten, bei Abstimmungen also den Namen des Mitglieds. Nicht erforderlich ist die Angabe der Adresse.
Natürlich muss die Erklärung auch den Beschlusstext und das Votum des Mitglieds (Ja/Nein/Enthaltung) enthalten.
In Frage kommen für die Textform insbesondere E-Mail, SMS und Messengerdienste (z. B. WhatsApp), bei denen eine direkte Übertragung an den Empfänger erfolgt. Auch ein Abstimmungsverfahren über eine Website ist denkbar; es muss aber entsprechende Voraussetzungen erfüllen.
Erfüllen Onlineabstimmungen die Textform?
Wenn die Abstimmung im weiteren Sinne auf elektronischem Weg (z. B. per E-Mail) erfolgen kann, stellt sich die Frage, ob gängige Abstimmungstools auf einer Website (oder per Smartphone-App) ebenfalls die Anforderung an die Textform erfüllen. Das würde Beschlussfassung und Stimmauszählung vereinfachen. Grundsätzlich können auch websitebasierte Abstimmungstools die Anforderungen des § 126b BGB erfüllen. Es müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein, denen viele Tools nicht genügen werden:
- Die Mitglieder müssen namentlich erfasst sein oder sich mit Namen anmelden.
- Die Stimmabgabeerklärung muss dem Mitglied anschließend so zur Verfügung gestellt werden, dass es sie dauerhaft speichern kann. Das kann durch eine Bestätigung per E-Mail erfolgen oder einen Download, der automatisch verfügbar ist. Die bloße Anzeige der Stimmabgabe auf der Website genügt nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn jedes Mitglied einen persönlichen Bereich auf der Website hat, wo die Erklärung dauerhaft gespeichert wird.
- Die so erzeugte Stimmabgabebestätigung muss den Beschlusstext, den Namen des Mitglieds und eine Angabe, dass es zugestimmt hat, enthalten.
Ist das Mitglied eine juristische Person (z. B. anderer Verein), muss sowohl ihr Name als auch der Namen der Person, die für sie abstimmt, enthalten sein.
Virtuelle Versammlung statt Beschlussfassung in Textform?
Seit der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine virtuelle Mitgliederversammlung geschaffen hat, stellt sich die Frage, ob die Beschlussfassung in Text- oder Schriftform nicht ohnehin überflüssig ist. Insbesondere ist die Mehrheitsfindung bei einer (virtuellen) Versammlung deutlich einfacher, weil anders als bei der Beschlussfassung in Textform (außer bei Zweckänderungen) keine Einstimmigkeit gefordert ist. Auch bei einer virtuellen Versammlung bestehen aber bestimmte Anforderungen:
- Die Möglichkeit einer rein virtuellen Versammlung muss von einer Präsenzversammlung beschlossen werden, wenn die Satzung sie nicht vorsieht.
- Dazu kommt, dass in einer Mitgliederversammlung den Mitgliedern das Rede- und Antragsrecht eingeräumt werden muss. Eine kurze „Versammlung“, in der ohne Debatte abgestimmt wird, ist also wiederum nur mit entsprechender Satzungsregelung möglich.
Trotzdem kann eine virtuelle Mitgliederversammlung deutlich einfacher sein als die Beschlussfassung in Textform. Im einfachsten Fall wird nur ein Beschlussgegenstand (Tagesordnungspunkt) verhandelt.
Die Praxisrelevanz der Neuregelung
Nicht geändert hat der Gesetzgeber das Einstimmigkeitserfordernis. Während § 33 BGB das für die Änderung des Satzungszwecks ohnehin vorschreibt, ist die Abstimmung in Textform ohne zusätzliche Satzungsregelung für die meisten Vereine auch künftig nicht praktikabel.
Einstimmigkeit als größtes Hindernis
Einstimmig bedeutet nämlich, dass nicht nur Nein-Stimmen, sondern auch Enthaltungen zur Ablehnung des Beschlusses führen. Ein einziges Mitglied, das auf die Aufforderung zur Stimmabgabe nicht reagiert, bringt die Abstimmung zum Scheitern. Praktisch von Bedeutung ist die Abstimmung in Textform also nur bei Vereinen mit recht kleinen Mitgliederzahlen und im Fall der Zweckänderung. Auch im letzten Fall aber nur, wenn die Satzung hier kein von § 33 BGB abweichendes Quorum vorsieht.
Satzungsregelung bleibt meist unverzichtbar
Um eine Abstimmung per elektronischer Kommunikation praktikabel durchführen zu können, sind also in den meisten Vereinen Satzungsregelungen erforderlich. Die konnten aber schon bisher die restriktiven Regelungen des BGB zur schriftlichen Beschlussfassung umgehen, weil sowohl § 32 als auch § 33 BGB nachgiebig sind, also per Satzung abgeändert werden können.
Eine Satzungsregelung zur Beschlussfassung in Textform sollte enthalten
- das verpflichtend zu nutzende Kommunikationsmedium (E-Mail, Messengerdienst),
- den Verzicht auf die Einstimmigkeit,
- eine nicht zu lange Frist für die Stimmabgabe, damit die Beschlussfassung in überschaubarer Zeit erfolgen kann.
Mindestlohn liegt bei 12,82 Euro in der Stunde: Das müssen gemeinnützige Vereine beachten
| Seit dem 01.01.2025 liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro in der Stunde. Nehmen Sie die Erhöhung zum Anlass, um sich mit dem Thema „Mindestlohn im Verein“ auseinanderzusetzen. Denn hier lauern für Verein und Vorstand durchaus Haftungsrisiken. Im Beitrag zeigen wir Ihnen, was es zu beachten gilt. |
Kein Mindestlohn bei ehrenamtlichen Tätigkeiten
Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind ausdrücklich von der Anwendung des MiLoG ausgenommen. In § 22 Abs. 3 MiLoG heißt es: „Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von ehrenamtlich Tätigen“. Ehrenamtlich und unentgeltlich im Sinne des MiLoG sind z. B. Leistungen, die über den Übungsleiter- bzw. den Ehrenamtsfreibetrag vergütet werden.
Wichtig | Mindestlohnrelevant sind dagegen Vergütungen für Übungsleiter oder Ehrenamtler, die die Freibeträge des § 3 Nr. 26 EStG bzw. § 3 Nr. 26a EStG übersteigen.
Beschäftigungsverhältnis versus selbstständige Tätigkeit
Dann liegt nämlich ein Beschäftigungsverhältnis vor. Es ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Das ist der Fall, wenn der Beschäftigte in die Organisation eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Im Gegensatz dazu sind Vergütungen für eine selbstständige Tätigkeit nicht vom Mindestlohn erfasst. Selbstständigkeit ist gekennzeichnet vom eigenen Unternehmerrisiko, dem Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, der Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Sonstige Einkünfte von Vereinsmitgliedern
Ein Sonderfall der Abgrenzung zum Beschäftigungsverhältnis sind (gering) bezahlte Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern. Es handelt sich um Mitglieder in Sport- oder Kulturvereinen, die einerseits aufgrund ihrer mitgliedschaftsrechtlichen Bindung an den Vereinsangeboten teilnehmen, andererseits aber in öffentlichen Auftritten (Wettkämpfe oder Konzerte) des Vereins auftreten und dafür vom Verein eine Vergütung erhalten.
Wichtig | Hier ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Nach dem MiLoG ist diese Prüfung bei einem Künstler erforderlich, wenn die Vergütung mehr als 3.000 Euro im Jahr (Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG) beträgt. Dem Sportler steht kein Freibetrag zu. Bei ihm ist also jede Art von Vergütung, die über Aufwendungsersatz hinausgeht, mindestlohnrelevant.
Beispiele |
Ein Amateursportler übt den Sport nicht aus wirtschaftlichem Interesse, sondern zum Ausgleich vom Berufsleben oder zur Erholung aus. Nach den Festlegungen der Träger der gesetzlichen Sozialversicherung wird bei gelegentlichen Geld- und Sachzuwendungen oder regelmäßigen Vergütungen zur pauschalen Abgeltung von Aufwendungen des Sportlers bis zu einer Höhe von 250 Euro monatlich keine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung ausgeübt. Eine andere Beurteilung ist beim „Vertragsamateur“ geboten. Kennzeichnend für dessen Tätigkeit ist neben der Vereinsmitgliedschaft die zusätzliche vertragliche Vereinbarung über die Erbringung sportlicher Leistungen gegen Entgelt. Hier liegt regelmäßig eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung vor. Der „Vertrags-amateur“ hat Anspruch auf den Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde. |
Vorstandstätigkeit
Ein bezahltes Vorstandsmitglied ist regelmäßig sozialversicherungspflichtig, sofern die Vergütung den Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG von 840 Euro im Jahr übersteigt. Bei ihm ist dann das MiLoG anzuwenden.
Prinzipielle Anwendung des MiLoG im Ehrenamtsbereich
Ein Arbeitsverhältnis ist unteilbar. Ehrenamtlichkeit im Sinne des MiLoG liegt deshalb wie erwähnt nicht mehr vor, wenn der ehrenamtlich Tätige Bezüge oberhalb der Steuerfreibeträge (Übungsleiter- oder Ehrenamtsfreibetrag) erhält. Dann unterliegt die gesamte Tätigkeit dem MiLoG, wenn insgesamt ein Arbeitsverhältnis besteht. Soweit die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen gegeben sind, kann von dem Verdienst, der mindestens 12,82 Euro/Stunde betragen muss, die Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden.
Beispiel | |
Die Monatsabrechnung des Übungsleiters lautet: | |
50 Std. x 12,82 Euro | 641,00 Euro |
Davon abgabenfrei nach § 3 Nr. 26 EStG | 250,00 Euro |
Grundlage für Mini-Job-Abgaben | 391,00 Euro |
30 % Abgaben pauschal auf 391,00 Euro | 117,30 Euro |
Regelungen des MiLoG im Einzelnen
Dem MiLoG liegt der allgemeine schuldrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde (§§ 611 ff BGB). Der Mindestlohn gilt auch für Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte (Mini-Job). Jeder Arbeitnehmer hat seit dem 01.01.2025 Anspruch auf Zahlung eines Entgelts, das mindestens 12,82 Euro je Stunde beträgt (§ 1 MiLoG).
Wie kommen Verstöße ans Licht?
Verstöße gegen die Zahlung des Mindestlohns können aufgedeckt werden
- von der Zollverwaltung (sie prüft, ob der Mindestlohn eingehalten wird),
- vom Mitarbeiter (er kann jederzeit eine Lohnzahlung von mindestens 12,82 Euro pro Stunde einfordern oder Verstöße anzeigen).
Aufzeichnungspflichten zum MiloG im Verein
Ihr Verein ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit innerhalb einer Woche aufzuzeichnen und mindestens zwei Jahre aufzubewahren (§ 17 MiLoG). Sie müssen also die Verträge bzw. die Zeiten der Beschäftigungen gesondert erfassen, soweit deren Vergütung über den Freibeträgen nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG liegen. Monats- oder andere Pauschalen müssen Sie auf einen Stundensatz umrechnen. Dieser darf im Ergebnis nicht weniger als 12,82 Euro pro Stunde betragen.
Beispiel 1 | ||||||||||||
Eine Mitarbeiterin arbeitet zwei Tage in der Woche für je vier Stunden in der Geschäftsstelle des Vereins. Zusätzlich erledigt sie zuhause die Buchführung des Vereins. Im Durchschnitt benötigt sie dafür fünf Stunden im Monat. Ihre pauschale Monatsvergütung beträgt 400 Euro. Der Stundenlohn berechnet sich wie folgt: | ||||||||||||
Die Mitabeiterin verdient zehn Euro je Stunde. Der Verein erfüllt das Mindestlohnerfordernis nicht. |
Beispiel 2 | ||
Ein Trainer hat lt. Vertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von acht Stunden. Er erhält neben einer Vergütung von 414,21 Euro weitere als Auslagen bezeichnete Beträge: 103,50 Euro Entfernungspauschale für Fahrten zu Training und Heimspielen, 22,50 Euro Reisekostenersatz für Fahrten zu Auswärtsspielen, 20 Euro Auslagenersatz für Telefonkosten, insgesamt 400 Euro. Folge: Der Mindestlohn wird nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen berechnet. Entfernungspauschale, Reise- und Telefonkosten sind vertraglich vereinbarter Aufwendungsersatz. Sie werden nicht auf den Mindestlohn angerechnet. Mindestlohnrelevant ist nur die Vergütung für das Training in Höhe von 414,21 Euro. Der Stundenlohn berechnet sich wie folgt:
Folge: Da die Vergütung nur 414,21 Euro beträgt, muss sie ab 01.01.2025 um 30,21 Euro monatlich erhöht werden, um das MiLoG zu erfüllen. |
JStG 2024: Umsatzsteuerbefreiung für Sport im deutschen Umsatzsteuerrecht wird nicht geändert
| Der Bund hat seinen Vorschlag zur Umsatzsteuerbefreiung des Sports aus dem Jahressteuergesetz (JStG) 2024 gestrichen. Die Neuregelung war zuvor auf Kritik aus Kommunen und Vereinen gestoßen. |
Hintergrund | Die geplante Gesetzesänderung sah vor, dass künftig nicht nur wie bisher die Teilnahmegebühren bei sportlichen Veranstaltungen umsatzsteuerbefreit sein sollen (§ 4 Nr. 22b UStG), sondern alle „in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen“. Damit sollte die deutsche Befreiungsregelung an die EU-Vorgaben angepasst werden. Das hätte insbesondere die Überlassung von Sportanlagen betroffen, die bisher nicht steuerbefreit war. Die Änderung hatte zu Kritik aus den Bundesländern geführt. Mit der Steuerbefreiung wäre nämlich der Vorsteuerabzug aus Bau und Unterhalt der Sportanlagen entfallen. Das hätte zu einer erheblichen Kostensteigerung und teils auch Nachversteuerung (wegen Berichtigung des Vorsteuerabzugs) geführt. Betroffen davon wären neben den Sportvereinen auch Kommunen gewesen, die Sportanlagen an Vereine überlassen.
Die E-Rechnung im Verein: FAQ der Finanzverwaltung geht auf Besonderheiten ein
| Seit dem 01.01.2025 gilt die Pflicht, E-Rechnungen versenden und empfangen zu können. Das BMF hat eine FAQ-Seite „Fragen und Antworten zur Einführung der obligatorischen (verpflichtenden) E-Rechnung“ erstellt, deren Inhalte aber teils vom offiziellen BMF-Anwendungsschreiben abweichen. VBM macht Sie mit den vereinsrelevanten Äußerungen vertraut. |
Fallen Vereine unter die Regelungen?
Vereine können sowohl eine nichtunternehmerische als auch eine unternehmerische Tätigkeit ausüben. Ist der Verein unternehmerisch tätig, sind die allgemeinen Regelungen für die verpflichtende E-Rechnung anzuwenden. Das bedeutet: Der Verein muss E-Rechnungen empfangen können und selbst E-Rechnungen ausstellen, sofern keine Ausnahmeregelung greift.
Betreffen Leistungen den nichtunternehmerischen (ideellen) Bereich des Vereins, muss der Verein weder E-Rechnungen empfangen können noch selbst E-Rechnungen ausstellen. Zwar besteht auch für Umsätze an eine juristische Person, die kein Unternehmer ist (also z. B. an einen nichtunternehmerisch tätigen Verein), eine Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung. Diese kann aber auch als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden.
E-Rechnungspflicht bei Kleinunternehmern?
Im Schreiben vom 15.10.2024 vertritt das BMF die Auffassung, dass auch Kleinunternehmer nach § 19 UStG E-Rechnungen ausstellen müssen. Lt. FAQ dagegen müssen für Leistungen, die von Kleinunternehmern erbracht werden, keine E-Rechnung ausgestellt werden.
Wichtig | Für Vereine ist das wichtig, weil die nicht steuerbefreiten Umsätze oft unter die Kleinunternehmerregelung fallen. In der Praxis wird das vermutlich keine Rolle spielen, weil die Folge einer falsch ausgestellten Rechnung nur der Ausschluss des Vorsteuerabzugs ist.
E-Rechnungen auch für Barkäufe?
Für Leistungen, die bar bezahlt werden, gelten keine besonderen Regelungen. Ergo muss auch für Barverkäufe eine E-Rechnung ausgestellt werden, wenn der Rechnungsbetrag über 250 Euro liegt. In der Regel ist hier aber eine unmittelbare elektronische Übermittlung der Rechnung nicht praktikabel. Das BMF schlägt deshalb folgendes Verfahren vor: Der Verkäufer stellt vor Ort zunächst eine sonstige Rechnung aus (z. B. in Form eines Kassenbelegs), die nachträglich durch eine E-Rechnung berichtigt wird. Dazu muss der Verkäufer die E-Mail-Adresse des Rechnungsempfängers erfragen und später eine E-Rechnung per E-Mail versenden.
Wie läuft Übermittlung und Empfang ab?
Für die Übermittlung gibt es keinen vorgeschriebenen Weg. Es kommen z. B. der Versand per EMail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle, der gemeinsame Zugriff auf einen zentralen Speicherort innerhalb eines Konzernverbunds, die Übergabe z. B. auf einem USBStick oder der Download über ein Internetportal in Betracht. Der Übermittlungsweg der ERechnung im konkreten Einzelfall kann zivilrechtlich zwischen den Parteien geregelt werden, z. B. durch Vertrag.
So müssen E-Rechnungen aufbewahrt werden
Vereine müssen ein Doppel jeder ein- und ausgehenden Rechnung acht Jahre aufbewahren (§ 14b Abs. 1 UStG). Das gilt auch für E-Rechnungen. Bei diesen ist mindestens der strukturierte Rechnungsteil dieser enthält alle Pflichtangaben i. S. v. §§ 14, 14a UStG acht Jahre lang so aufzubewahren, dass er unveränderbar in seiner ursprünglichen Form vorliegt.
Übermittlung ans Finanzamt
Hat das Finanzamt bisher zur Überprüfung der Steuererklärung oder -anmeldung eine Rechnung angefordert, so hat der Verein diese typischerweise in Kopie vorgelegt oder als PDF übersandt.
Das hat sich ab 2025 geändert: Handelt es sich bei der angeforderten Rechnung um eine E-Rechnung, ist der strukturierte Datensatz zu übermitteln. Das ist nun über ELSTER möglich.
JStG 2024: So ist die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen ab 2025 neu geregelt worden
| Das Jahressteuergesetz 2024 hat die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen geändert. § 4 Nr. 21 UStG ist an die unionsrechtlichen Vorgaben angepasst worden. Die Änderungen sind seit dem 01.01.2025 in Kraft. Wir fassen für Sie die vier Änderungen zusammen. |
1. Bildungseinrichtungen werden erweitert
Seit dem 01.01.2025 fallen auch steuerbare Bildungsleistungen unter die Steuerbefreiung, die von solchen Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden, die mit Schul- und Bildungsaufgaben betraut sind. Zu diesen Einrichtungen gehören insbesondere in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betriebene allgemeinbildende oder berufsbildende Schulen und staatliche Hochschulen im Sinne des § 1 Hochschulrahmengesetz. Diese Änderung ist aber nur eine formale. Die genannten Einrichtungen waren schon nach der bisherigen Regelung befreit.
2. Bildungsleistungen durch Privatlehrer
Der „von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht“ wird von der Umsatzsteuer befreit. Der Begriff „Privatlehrer“ umfasst nur natürliche Personen. Letztere müssen an Schulen und Hochschulen unterrichten, bedürfen aber als natürliche Personen selbst keiner Erlaubnis oder Bescheinigung. „Selbstständige Lehrer“ waren aber schon vor der Neuregelung bereits nach § 4 Nr. 21b UStG steuerbefreit. Aber: Die Befreiung betrifft alle Subunternehmer steuerbefreiter Bildungsträger und stellt sicher, dass sie nicht mit Umsatzsteuer auf deren Honorare belastet werden, die wegen der Steuerbefreiung nicht abzugsfähig ist.
3. Umfang der begünstigten Leistungen
Bislang waren nur „dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen, die auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten“ befreit.
Das wird jetzt auf
- „Schul- und Hochschulunterricht,
- Aus- und Fortbildung sowie
- berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen“ ausgedehnt.
Damit erweitert sich der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 21 UStG. Die zuständigen Behörden können für mehr Bildungsangebote als bisher Bescheinigungen ausstellen.
Wichtig | Das Bescheinigungsverfahren ist anders als geplant nicht abgeschafft worden.
4. Anwendungsvorrang des § 4 Nr. 15 UStG
Ergänzend regelt der neue § 4 Nr. 21 UStG, dass die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15 UStG nur unter den dort genannten Voraussetzungen erfolgt. Nach dieser Regelung sind Bildungsleistungen im Rahmen von Eingliederungsleistungen nach SGB II, Leistungen der Arbeitsförderung nach SGB III sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach SGB IX nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 15b und 15c UStG umsatzsteuerfrei.
Wichtig | Die Grenze zu den nicht steuerbefreiten Leistungen zieht die EuGH-Rechtsprechung. So ist ein spezialisierter, punktuell erteilter (Einzel-)Unterricht nicht steuerbefreit. Dies gilt auch, wenn ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird. Typische Beispiele sind der Fahrschulunterricht sowie der Schwimmunterricht, die keine Merkmale des Schul- und Hochschulunterrichts aufweisen (EuGH, Urteil vom 14.03.2019, Rs. C-449/17 A & G Fahrschul-Akademie GmbH; EuGH, Urteil vom 21.10.2021, Rs. C-373/19 Dubrovin & tröger GbR-Aquantics).
Mitgliederversammlung: Bedingungen für virtuelle Teilnahme müssen bei Einladung klar sein
| Gibt ein Verein bei der Mitgliederversammlung die Möglichkeit virtuell teilzunehmen, müssen die technischen und organisatorischen Bedingungen schon bei der Einladung klar sein. Das schrieb das AG Spandau einem Verein ins Stammbuch, der zu einer hybriden Mitgliederversammlung eingeladen hatte. Für die virtuelle Teilnahme hatte er den Mitgliedern lediglich mitgeteilt, dass sie über das Abstimmungstool „POLYA“ erfolgen würde. Das hielt das AG für unzulässig. |
Schon bei der Einladung müsse die konkrete Ausgestaltungsmöglichkeit der Online-Teilnahme klargestellt sein. Es reicht nicht, dass weitere Informationen erst später mitgeteilt werden, weil womöglich einzelne Mitglieder aufgrund von Unklarheiten von der Teilnahme absehen. Außerdem genügt ein bloßes Abstimmungstool nicht den Anforderungen an eine Teilnahme an der Versammlung im Wege der elektronischen Kommunikation nach § 32 Abs. 2 BGB. Die Rechte der Mitglieder beschränken sich nicht nur auf ein Stimmrecht, sondern umfassen u. a. auch ein Teilnahme- und Rederecht (AG Spandau, Urteil vom 27.06.2024, Az. 3 C 78/24)
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PRAXISTIPP | Für die virtuelle Teilnahme an der Mitgliederversammlung ist in der Regel ein videobasiertes Konferenzsystem erforderlich. Es muss sichergestellt sein, dass alle Mitglieder die gleichen Beteiligungsmöglichkeiten haben. Ein bloßes Abstimmungstool kann zwar per Satzung für die Beschlussfassung ohne Versammlung vorgesehen werden. Es ersetzt aber nicht die Mitgliederversammlung. |
Anmeldung der Teilnahme darf nur auf Satzungsgrundlage verlangt werden
| Verlangt ein Verein eine Anmeldung zur Mitgliederversammlung und schließt Mitglieder bei verspäteter Anmeldung aus, sind die Beschlüsse der Versammlung nichtig. Das entschied das Amtsgericht (AG) Spandau bei einem Verein, der zu einer hybriden Mitgliederversammlung eingeladen hatte. Der Verein verlangte sowohl für die Online- wie für die Präsenzteilnahme eine Anmeldung und setzte Fristen. Ein Mitglied focht deswegen die Vorstandswahl an und gewann. |
Nach Auffassung des AG wird den Mitgliedern so die Ausübung ihrer vereinsrechtlichen Rechte und Pflichten verwehrt. Auch wenn der Verein aus organisatorischen Gründen ein Interesse daran hat, die Teilnehmerzahl mit einem angemessenen Vorlauf zur Mitgliederversammlung zu erfahren, kann eine solche Anmeldefrist nur per Satzung und somit mit Wissen und Wollen der Mitglieder festgelegt werden. Anderenfalls sind die in der betreffenden Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam (AG Spandau, Urteil vom 27.06.2024, Az. 3 C 78/24).
Mitgliederversammlung: Beschlussvorlagen müssen bei Einladung nicht wörtlich mitgeteilt werden
| Zur Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung ist nach § 32 Abs. 1 BGB erforderlich, dass der Gegenstand der Beschlussfassung (Tagesordnungspunkt) bei „der Einberufung bezeichnet“ wird. Wie genau dies zu geschehen hat, bleibt im Gesetz offen und richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls. Eine wörtliche Wiedergabe der Beschlussvorlage ist regelmäßig nicht erforderlich, entschied das LG Heidelberg. |
Die Regelung bezweckt u. a., die Vereinsmitglieder vor Überraschungen in der Mitgliederversammlung zu schützen. Dazu reicht es grundsätzlich aus, dass die Mitglieder in der Einladung mit dem Verhandlungsgegenstand im Allgemeinen vertraut gemacht werden. Der Beschlussgegenstand muss allerdings seinem wesentlichen Inhalt nach grundsätzlich so klar umrissen sein, dass jedes Mitglied seine Bedeutung erfassen, eine sinnvolle Entscheidung über die Notwendigkeit seiner Anwesenheit treffen und entscheiden kann, wie es sich in der Abstimmung verhalten will (LG Heidelberg, Urteil vom 22.02.2024, Az. 5 O 62/23).
Wichtig | Im Einzelfall kann die wörtliche Wiedergabe der Beschlussvorlage oder das Beifügen von Beschlussdokumenten aber erforderlich sein, z. B. wenn über den Abschluss eines Mietvertrags entschieden werden soll. Hier kann der konkrete Inhalt (z. B. die Mietdauer) nämlich entscheidungsrelevant sein.
Gebot der zeitnahen Mittelverwendung wird nicht abgeschafft
| Der Bundesrat hat die geplante Abschaffung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung abgelehnt. Eine entsprechende (Neu-)regelung hatte der Regierungsentwurf zum Steuerfortentwicklungsgesetz vorgesehen. |
Die Begründung des Bundesrats: Mit der Streichung der Regelungen zur zeitnahen Mittelverwendung würde sich am gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsatz der Mittelverwendung nichts ändern. Stattdessen entstünden Rechtsunsicherheiten, weil das Finanzamt jeweils im Einzelfall prüfen müsste, ob ein Verstoß der tatsächlichen Geschäftsführung gegen das Selbstlosigkeitsgebot vorliegt. Außerdem würde das Vertrauen der Spender beschädigt, dass ihre Zuwendungen zeitnah für die Förderzwecke eingesetzt werden. Wenn das Gemeinwesen auf gegenwärtige Steuereinnahmen verzichte, dann erwarte es auch eine gegenwärtige oder zumindest gegenwartsnahe Förderung des Gemeinwohls.
Wichtig | Wie Ihr Verein die zeitnahe Mittelverwendung über eine Mittelverwendungsrechnung nachweist, lesen Sie unten ab Seite 11.
Die neue Kleinunternehmerregelung: Das bedeutet sie für die Vereinspraxis
| Angehobene Bemessungsgrenzen in § 19 UStG, Nettogrenzen statt Bruttogrenzen und keine Prognosegrenzen mehr das sind die Auswirkungen der Anpassung der Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG an das EU-Recht. VBM zeigt Ihnen, was Sie zur Neuregelung wissen müssen. |
So sieht die neue Kleinunternehmerregelung aus
Die Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG ist ab dem 01.01.2025 an das EU-Recht (die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie) angepasst worden. Das führt im Einzelnen zu den folgenden Neuerungen:
- Die Umsätze sind künftig steuerfrei, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro (bisher: 22.000 Euro) nicht überschritten hat und im laufenden Jahr 100.000 Euro (bisher: auf Grundlage einer Prognose 50.000 Euro) nicht überschreitet.
- Die Kleinunternehmerregelung ist künftig eine Steuerbefreiung. Bisher war sie eine Nichterhebung der Steuer. Das hat Folgen für die Angaben auf Rechnungen und die E-Rechnungspflicht.
- Die Obergrenze von 100.000 Euro ist keine Prognosegrenze mehr. Bei Überschreitung der Grenze wird der Verein umsatzsteuerpflichtig.
- Die Grenzen sind künftig Nettogrenzen, statt wie bisher Bruttogrenzen.
- Es entfällt die Regelung, nach der der tatsächliche Umsatz auf das Jahr hochgerechnet werden muss, wenn die unternehmerische Tätigkeit nicht das ganze Jahr ausgeübt wurde.
- Bisher konnten Unternehmen bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Die Neufassung sieht vor, dass der Verzicht nur bis Ende Februar des übernächsten Kalenderjahrs erklärt werden kann, das auf den Besteuerungszeitraum folgt.
- Die Kleinunternehmerregelung gilt künftig auch für Unternehmer, die nicht in Deutschland ansässig sind. Dafür müssen diese aber an einem besonderen Meldeverfahren teilnehmen.
Aufnahme unternehmerischer Tätigkeit im Laufe des Jahres
Begann die Unternehmenstätigkeit nicht zu Beginn, sondern im Laufe eines Kalenderjahrs, musste bisher der voraussichtliche Umsatz auf das ganze Kalenderjahr hochgerechnet werden. Diese Regelung entfällt ab 2025; sprich es kommt auf den tatsächlichen Jahresumsatz an.
Beispiel für das Jahr 2024 |
Der am 01.11.2024 gegründete Kulturverein K führt ab November 2024 Musikveranstaltungen durch und erzielt damit im November und Dezember Umsätze von 5.000 Euro. Die Umrechnung des Gesamtumsatzes auf einen Jahresumsatz ergibt 30.000 Euro (2.500 Euro x 12 Monate = 30.000 Euro) Ergebnis: Der Verein ist schon in 2024 steuerpflichtig. Denn es steht bei Umrechnung des November- und Dezemberumsatzes in einen Jahresumsatz fest, dass er die Grenze von 22.000 Euro überschreiten würde. Nach der (bis 31.12.2024 geltenden) Regelung (R 19.3. Abs. 4 UStAE) durfte bei Neugründungen nicht auf den Vorjahresumsatz von null Euro abgestellt werden. |
Abwandlung für das Jahr 2025 |
Der Fall gestaltet sich wie oben, ereignet sich aber im Jahr 2025. Ergebnis: Es kommt auf den tatsächlichen Umsatz des Jahres 2025 an; sprich auf den Umsatz im November und Dezember. Der Verein wird also nicht umsatzsteuerpflichtig, weil der tatsächliche Jahresumsatz unter 25.000 Euro blieb. |
Wichtig | Bei Neuaufnahme der Tätigkeit darf für die Steuerbefreiung der Umsatz die 25.000 Euro im Gründungsjahr nicht übersteigen. Aber nur der Umsatz, der die 25.000 Euro übersteigt, unterliegt der Besteuerung. Wenn ein Verein also z. B. Umsätze in Höhe von 29.000 Euro erzielt, muss er auf die Umsätze von 4.000 Euro Umsatzsteuer erheben (29.000 Euro ./. 25.000 Euro = 4.000 Euro).
Wichtig | Der Gesamtumsatz wird stets nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Es kommt also auf die im jeweiligen Jahr tatsächlich zugeflossenen Umsätze an, nicht auf die in Rechnung gestellten Beträge.
Aus der Prognosegrenze wird eine tatsächliche Grenze
Nach bisheriger Regelung war für die Kleinunternehmereigenschaft zu Beginn des Kalenderjahrs eine Prognose zur voraussichtlichen Höhe des Gesamtumsatzes erforderlich. Ergab diese für den Gesamtumsatz nicht mehr als 50.000 Euro, musste für das gesamte laufende Kalenderjahr keine Umsatzsteuer erhoben werden. Auch dann, wenn der tatsächliche Umsatz im Laufe des Jahres 50.000 Euro überstieg.
Diese offene Ausgestaltung ist unionsrechtlich nicht mehr zulässig. Der neue Grenzwert von 100.000 Euro ist ab 2025 eine tatsächliche Grenze. Wird die Grenze im Laufe des Jahres überschritten, werden die Umsätze steuerpflichtig. Umsatzsteuerpflichtig werden aber nur diejenigen Umsätze, mit denen die 100.000-Euro-Grenze überschritten wird. Die Entscheidung über die Umsatzsteuererhebung muss anders als bisher nicht schon zu Beginn des Jahres getroffen werden.
Beispiel |
Der Kulturverein K hat mit Veranstaltungen und Getränkeverkauf im Jahr 2024 einen Umsatz von 21.000 Euro erzielt. Er schätzt, dass er im Jahr 2025 etwa den fünffachen Umsatz erzielen wird. Ergebnis: K muss im Jahr 2025 die Umsatzgrenze von 100.000 (netto) Euro im Blick haben. Sobald er diese Grenze erreicht hat, sind die weiteren Umsätze steuerpflichtig. |
Diese Angaben müssen ab 2025 auf die Rechnungen
Auch Kleinunternehmer sind verpflichtet, bei Lieferungen und sonstigen Leistungen eine Rechnung auszustellen. Bisher musste die Rechnung eines Kleinunternehmers keinen Hinweis auf den Besteuerungsverzicht enthalten.
Mit der Neuregelung ändert sich das. Die Finanzverwaltung hat in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) vorgesehen, die Vorschriften für die Angaben auf Rechnungen zu ergänzen. Der dafür geplante neue § 34a UStDV wurde aber nicht in das endgültige Jahressteuergesetz 2024 aufgenommen.
PRAXISTIPP | Trotzdem sollten Vereine, die Rechnungen als Kleinunternehmer stellen, ab 01.01.2025 folgenden Hinweis in ihre Rechnungen aufnehmen: „Der Rechnungsbetrag ist nach § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit.“ |
Zur E-Rechnungspflicht für Kleinunternehmer
Mit der Neuregelung entfällt die E-Rechnungspflicht für Kleinunternehmer (vgl. FAQ des BMF zur E-Rechnung www.iww.de/s12161). Damit sind nicht umsatzsteuerpflichtige Vereine von der Pflicht, E-Rechnungen auszustellen, befreit. Das gilt sowohl für nach § 19 UStG befreite Umsätze als auch für die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG.
Gibt es Übergangsregelungen für Kleinunternehmer
Bisher nicht geklärt ist, ob es Übergangregelungen geben wird. Nach der Gesetzeslage ändern sich die Obergrenzen zum 01.01.2025. Ein Verein also, der im Jahr 2024 die Freigrenze von 22.000 Euro überschreitet, ist in 2025 umsatzsteuerpflichtig auch wenn der Umsatz nicht über 25.000 Euro liegt. In diesem Fall wird er erst 2026 wieder als Kleinunternehmer besteuert.
PRAXISTIPP | Ab 2025 gilt eine Nettoregelung: Der Bruttoumsatz darf im Jahr 2025 also bei Umsätzen zum Regelsteuersatz (19 Prozent) bis zu 29.750 Euro betragen, um 2026 wieder umsatzsteuerbefreit zu sein. Bisher waren es nur 18.487,39 Euro. |
Vereinspraxis
Die Mittelverwendungsrechnung im Verein: Das kleine Einmaleins der Erstellung
| Der Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung kann für gemeinnützige Körperschaften eine komplexe Aufgabe sein. Gesetzliche Vorgaben gibt es nur mittelbar und auch die Finanzverwaltung bleibt bei dem Thema denkbar allgemein. Deswegen sind sowohl das grundsätzliche Verfahren einer Mittelverwendungsrechnung als auch viele Einzelfragen ungeklärt. VBM zeigt Ihnen, mit welchem Verfahren die Mittelverwendungsrechnung als zeitpunktbezogene Vermögensübersicht erstellt werden kann und welche Fallstricke Sie dabei beachten müssen. Zudem gibt Ihnen VBM einen Musterfall an die Hand. |
Die Vermögensaufstellung ist das A und O
Eine Mittelverwendungsrechnung basiert immer auf einer Vermögensaufstellung. Bei der Mittelverwendungsrechnung wird nur das tatsächlich verfügbare Vermögen berücksichtigt: Soweit also die Aktivseite der Bilanz als Grundlage für die Aufstellung verwendet wird (dazu später mehr), müssen
- Forderungen (darunter auch gegebene Darlehen) vom Vermögen abgezogen werden und
- aktive Rechnungsabgrenzungsposten abgezogen werden.
Der Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung
Für das so ermittelte tatsächlich verfügbare Vermögen muss per saldo nachgewiesen werden, dass es
- entweder bereits zeitnah verwendet wird (nutzungsgebundenes Anlagevermögen) oder
- nicht zeitnah verwendet werden muss. Zu diesen Vermögensposten gehören
- die Mittelvorträge aus den beiden Vorjahren,
- die ausgewiesenen gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen,
- das Ausstattungskapital bei Stiftungen, das Stammkapital bei Kapitalgesellschaften und die Kapitalrücklage bei der UG.
Ein Saldo, der größer ist als Null, beziffert den Verwendungsüberhang. Dies ist dann der Betrag der Mittel, die unzulässigerweise nicht zeitnah verwendet wurden. Rechnerisch kann dieser Nachweis durch eine Saldierung der genannten Posten erfolgen oder durch eine bilanzierende Gegenüberstellung.
Die Zahlenbasis für die Mittelverwendungsrechnung
Die Zahlenbasis der Mittelverwendungsrechnung bilden also
- eine Vermögensaufstellung (bilanziell oder anderweitig), die das nutzungsgebundene Anlagevermögen getrennt von sonstigen Anlagevermögen ausweist,
- ein Rücklagenspiegel (d. h. die laufend aktualisierte Darstellung aller gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen),
- die Ermittlung der liquiden Überschüsse aus den beiden Vorjahren auf Basis einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) oder Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).
So wird der Verwendungsüberhang berechnet
Die Ermittlung eines eventuellen Verwendungsüberhangs kann entweder saldierend oder bilanzierend erfolgen.
Möglichkeit 1: Ermittlung durch Saldierung
Die saldierende Ermittlung erfolgt schematisch so:
Tatsächlich verfügbares Vermögen | |
./. | Nutzungsgebundenes Anlagevermögen |
./. | Ausstattungsvermögen |
./. | Mittelvorträge aus den beiden Vorjahren |
./. | Rücklagen, Vermögenszuführungen und Rückstellungen |
= | Verwendungsüberhang (soll nicht größer als Null sein) |
Möglichkeit 2: Bilanzierende Darstellung
Werden die genannten Posten weiter aufgegliedert, ist eine bilanzierende Darstellung übersichtlicher. Sie stellt dem tatsächlich verfügbaren Vermögen die nicht zeitnah zu verwendenden Mittel nach folgendem Schema gegenüber:
Tatsächlich verfüg-bares Vermögen | Nutzungsgebundenes Anlagevermögen |
Ausstattungsvermögen | |
Mittelvorträge aus den beiden Vorjahren | |
Rücklagen, Vermögenszuführungen und Rückstellungen | |
Verwendungsüberhang |
Die Salden beider Seiten müssen wie bei einer Bilanz die gleiche Summe haben. Der Verwendungsüberhang ist hier der Ausgleichsposten, der, wenn er einen positiven Betrag hat, aufzeigt, dass Mittel unzulässigerweise nicht zeitnah verwendet wurden.
Wichtig | Für eine gelungene Mittelverwendungsrechnung gilt: Weisen Sie alle nach § 62 AO nicht zeitnah zu verwendenden Mittel getrennt aus! Denn aus der Mittelverwendungsrechnung muss ersichtlich sein, ob die ausgewiesenen Beträge für Rücklagen und Vermögenszuführungen evtl. korrigiert werden müssen. Dies ist der Fall, wenn sie keine saldenmäßige Entsprechung im tatsächlich vorhandenen Vermögen haben. Berechnungsverfahren, wie sie teilweise in der Literatur zu finden sind, sollten deshalb vor Anwendung auf die Gliederung der einzelnen Posten kritisch geprüft werden.
Bedeutung der Bilanz für die Mittelverwendungsrechnung
Bei gemeinnützigen Körperschaften, die eine Bilanz erstellen, sind alle Vermögensposten, deren zeitnahe Verwendung nachzuweisen ist, auf der Aktivseite der Bilanz zu finden. Das Aktivvermögen stellt das tatsächlich verfügbare Vermögen dar. Hierzu gehören das Anlage- und Umlaufvermögen:
- Zum Anlagevermögen gehören
- immaterielle Vermögensgegenstände,
- Sachanlagen,
- Finanzanlagen und
- Wertpapiere des Anlagevermögens.
- Zum Umlaufvermögen gehören
- Waren und Vorräte,
- Wertpapiere und
- Kassenbestand sowie Guthaben bei Kreditinstituten.
Nicht aufgenommen werden Forderungen (insbesondere auch gegebene Darlehen) und Rechnungsabgrenzungsposten.
Passive Bilanzposten müssen nicht einbezogen werden, weil es nicht auf die Herkunft des Vermögens ankommt, sondern auf die Verfügbarkeit. So bilden erhaltene Darlehen oder passive Rechnungsabgrenzungsposten wie bspw. im Voraus gezahlte Mieten sich auf der Aktivseite der Bilanz als Vermögen ab (z. B. als Bankguthaben). Daher müssen diese vom Verein nicht eigens erfasst werden.
Teils wird hier die Bilanzsumme als Ausgangszahl verwendet, die dann um die Posten korrigiert wird, die der Periodenabgrenzung dienen (Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen) oder kein verfügbares Vermögen darstellen (Forderungen). Sinnvoller wird es sein, in die Mittelverwendungsrechnung nur diejenigen aktiven Bilanzpositionen aufzunehmen, die tatsächlich verfügbares Vermögen darstellen.
Das sind die Vermögensposten bei Nichtbilanzierern
Bei nicht bilanzierenden Organisationen werden die gleichen Vermögensposten benötigt. Es spielt insoweit keine Rolle, wie die Rechnungslegung gestaltet ist, solange die Vermögensaufstellung die erforderlichen Informationen liefert.
Das sind die Posten einer Mittelverwendungsrechnung
Die Mittelverwendungsrechnung wird dann im Einzelnen folgendermaßen gegliedert:
Mittelverwendungsrechnung zum 31.12.2024 | |
Vorhandenes Vermögen | Zuordnung nach zeitnaher Verwendung |
Immaterielle Vermögensgegenstände Sachanlagen Finanzanlagen Wertpapiere des Anlagevermögens Waren und Vorräte** Wertpapiere des Umlaufvermögens Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten | Ausstattungskapital Darlehen in steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Vermögensverwaltung* Nutzungsgebundenes Umlaufvermögen (Waren- und Materialbestände die für Satzungszwecke verwendet werden)** Vermögenszuführungen nach § 62 Abs. 3 AO Gemeinnützigkeitsrechtliche Rücklagen
Rücklagen in Vermögensverwaltung und steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Rückstellungen Mittelvortrag 2023 (lt. getrennter Darstellung) Mittelvortrag 2024 (lt. getrennter Darstellung) |
Verwendungsüberhang | |
* Hinweis: Erhaltene Darlehen müssen grundsätzlich zweckgebunden verwendet werden. Eine Ausnahme sind Darlehen in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und die Vermögensverwaltung, die ausschließlich aus deren Erträgen verzinst und getilgt werden. Diese müssen dann in der Mittelverwendungsrechnung eigens ausgewiesen werden. ** Bei Nichtbilanzierern werden Waren und Vorräte grundsätzlich als Betriebsausgaben behandelt. Es erfolgt also keine Bestandserfassung bzw. -korrektur durch Inventur. Die Posten werden dann auf beiden Seiten der Aufstellung entsprechend weggelassen. Aufwendungen für Waren und Vorräte des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs werden also im getrennt ermittelten Betriebsergebnis dieses Bereichs abgebildet. Eine Mittelfehlverwendung würde als Verlust zu Buche schlagen. |
Posten Mittelvortrag: So wird er berechnet
Da § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO einen zweijährlichen Verwendungshorizont vorsieht, können gemeinnützige Körperschaften einen Mittelvortrag ausweisen, der aus Überschüssen der letzten beiden Jahre entsteht und noch nicht der zeitnahen Verwendung unterliegt.
Die Berechnung dieses Mittelvortrags kann natürlich auch innerhalb der obigen Aufstellung „Mittelverwendungsrechnung zum 31.12.2024“ erfolgen. Der Übersichtlichkeit halber nehmen wir ihn hier getrennt vor.
Der Mittelvortrag kann nicht aus der Bilanz oder Vermögensaufstellung abgelesen werden. Hier muss auf die saldierten liquiditätswirksamen Aufwendungen und Erträge aus GuV oder EÜR zurückgegriffen werden. Zusätzlich zu den Bilanzposten müssen also die entsprechenden Posten aus der Ertragsrechnung herangezogen werden. Ein Mittelvortrag auf Basis der GuV kann sich bspw. wie folgt gestalten:
Umsatzerlöse | |
+ | Andere aktivierte Eigenleistungen |
+ | Sonstige betriebliche Erträge |
./. | Materialaufwand |
./. | Personalaufwand |
./. | Sonstige betriebliche Aufwendungen |
+ | Erträge aus Beteiligungen |
+ | Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen |
+ | Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge |
+ | Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen |
./. | Steuern vom Einkommen und vom Ertrag |
./. | Sonstige Steuern |
= | Mittelvortrag liquider Überschuss |
Nicht aufgenommen werden in die Berechnung die GuV-Posten
- Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen (bereits in Bilanzposten abgebildet) und
- Abschreibungen (da nicht liquiditätswirksam).
Wichtig | Diese Berechnung des Mittelvortrags muss für das laufende (Abschluss-)Jahr und das Vorjahr erfolgen.
PRAXISTIPP | Die Ermittlung der Mittelvorträge auf Basis der EÜR erfolgt in gleicher Weise. Auf die Bezeichnung der Posten kommt es hier nicht an. Nicht liquiditätswirksame Aufwendungen und Erträge werden nicht berücksichtigt. |
Posten Rücklagenspiegel: Das ist umfasst
Unverzichtbar für eine Mittelverwendungsrechnung ist ein Rücklagenspiegel; sprich eine vollständige und aktuelle Darstellung der Rücklagen und Vermögenszuführungen.
Der Rücklagenspiegel umfasst
- gemeinnützigkeitsrechtliche Rücklagen
- freie Rücklagen
- zweckgebundene Rücklagen
- Wiederbeschaffungsrücklagen
- Betriebsmittelrücklagen in ideellem Bereich und Zweckbetrieb
- Vermögenszuführungen nach § 62 Abs. 3 AO
- Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten
- Sonstige Rücklagen der Vermögensverwaltung (z. B. für Gebäudeinstandhaltung)
- Sonstige Rücklagen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (z. B. für Umbau und Erweiterung)
Interpretation des Verwendungsüberhangs
Der Posten „Verwendungsüberhang“ gibt in ersten Linie Auskunft darüber, ob ein Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung vorliegt. Bei richtiger Umsetzung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung sollte der Verwendungsüberhang gleich Null sein. Daneben kann der Verwendungsüberhang aber auch sowohl positiv als auch negativ werden:
- Alternative 1: Verwendungsüberhang ist positiv: Wenn der Verwendungsüberhang positiv ist, so liegt regelmäßig ein Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung vor. Aber: Im Verhältnis zum Gesamtvermögen vergleichsweise geringe positive Beträge sind unbedenklich und führen nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Das folgt schon daraus, dass es keine verbindlichen Vorgaben für eine Mittelverwendungsrechnung gibt: Je nachdem, welches Verfahren man wählt, resultieren unterschiedliche Berechnungsresultate.
- Alternative 2: Verwendungsüberhang ist negativ: Es kann vorkommen, dass ein Verein mehr Mittel für die steuerbegünstigten Zwecke ausgibt als er nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO müsste. Das betrifft zum einen die noch nicht zeitnah zu verwendenden Mittelvorträge aus den letzten beiden Jahren. In der Mittelverwendungsrechnung bildet sich das dadurch ab, dass der Verwendungsüberhang negativ ist. Aber Achtung: Eine verminderte Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in den Folgejahren leitet sich dadurch nicht ab. Allerdings kann ein nicht ausgeschöpfter Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden.
- Ebenfalls zu einem Verwendungsüberhang kommt es, wenn das Ausstattungskapital für satzungsmäßige Zwecke verbraucht wird. Hier geht die Literatur davon aus, dass die Körperschaft diese Überverwendung aus laufenden Einnahmen im Folgejahr wieder ausgleichen darf. In der Mittelverwendungsrechnung wird das dadurch abgebildet, dass das Ausstattungskapital als eigener unveränderter Posten in der Vermögensaufstellung geführt wird.
Der Musterfall: gGmbH aus dem Bereich berufliche Bildung
Der folgende Musterfall basiert auf dem Jahresabschluss einer tatsächlich existierenden gemeinnützigen GmbH, die im Bereich der beruflichen Bildung tätig ist. Die gGmbH ist ausschließlich im steuerbegünstigten Bereich tätig. Eine Aufteilung des Anlagevermögens in einen nutzungsgebundenen und einen nicht nutzungsgebundenen Teil ist also nicht erforderlich.
Finanzanlagen im Anlagevermögen (z. B. Wertpapiere und Beteiligungen) sind wie bei den meisten gemeinnützigen Organisationen nicht vorhanden. Geldanlagen gibt es nur in Form von Kontoguthaben (Umlaufvermögen).
Die Bilanz für 2023 sieht wie folgt aus | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Die Rücklagen sind im Eigenkapitalbereich ausgewiesen und beschränken sich auf freie und zweckgebundene Rücklagen (insbesondere für den Bau von Gebäuden).
Für die Mittelverwendung werden von der Aktiva-Seite der Bilanz nur die tatsächlich verfügbaren Vermögensteile berücksichtigt; sprich entgeltlich erworbene Konzessionen, Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie Kassenbestand und Bankguthaben.
Das gesamte Anlagevermögen ist im vorliegenden Fall nutzungsgebunden und wird dem vorhanden Vermögen gegenübergestellt (bzw. als bereits zeitnah verwendet ausgewiesen).
Wichtig | Kurzfristige Forderungen und Verbindlichkeiten können aufgenommen werden, wenn evtl. Verwendungsüberhänge damit geringer ausfallen. Von der Passivseite der Bilanz werden nur die Posten Gezeichnetes Kapital, Rücklagen und Rückstellungen in die Mittelverwendungsrechnung aufgenommen.
Die GuV wird benötigt, um den Mittelvortrag des jeweiligen Jahres zu ermitteln. Er ist der um die nicht liquiditätswirksamen Aufwendungen korrigierte Gewinn:
GuV 2023 | ||||||||
|
Rohaufwand | 5.712,90 |
Personalaufwand | 3.714,50 |
Abschreibungen | 763,50 |
Sonstige betriebliche Aufwendungen | 903,80 |
Betriebsergebnis | 331,10 |
Zinsen und ähnliche Erträge | 8,70 |
Zinsen und ähnliche Aufwendungen | 167,80 |
Finanzergebnis | 172,00 |
Steuern vom Einkommen und Ertrag | 2,80 |
Ergebnis nach Steuern | 169,20 |
Sonstige Steuern | 8,60 |
Jahresergebnis | 160,60 |
Nicht liquiditätswirksame Aufwendungen sind hier lediglich die Abschreibungen. Der so ermittelte Liquiditätszufluss (Gewinn + Abschreibungen) beträgt dann 924,1 Tausend Euro. Das gleiche gilt für den Mittelvortrag des Vorjahres (2022). Es ergibt sich dann die folgende Gegenüberstellung von Vermögen und dessen Zuordnung nach der zeitnahen Verwendung:
Mittelverwendungsrechnung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Das nutzungsgebundene Anlagevermögen entspricht dabei dem gesamten Anlagevermögen, weil hier weder Anlagevermögen in der Vermögensverwaltung noch in steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben existiert. Die Rückstellungen werden in der Aufstellung als zeitnah verwendet berücksichtigt, weil sie für die entsprechenden Verwendungszwecke reserviert sind (im Prinzip entsprechen sie damit zweckgebundenen Rücklagen).
Der Verwendungsrückstand bzw. -überhang ergibt sich als Saldo aus verfügbarem und zeitnah verwendetem Vermögen. Ergebnis: Im vorliegenden Fall ist der Verwendungsüberhang weit im negativen Bereich. Das bedeutet, dass weit mehr Mittel als nicht zeitnah zu verwendend ausgewiesen sind, also tatsächliches Vermögen vorhanden ist. Der Fehler liegt hier offensichtlich bei den ausgewiesenen zweckgebundenen Rücklagen. Vermutlich wurde übersehen, die gebildeten Rücklagen für den Bau von Gebäuden aufzulösen.
Vereine fragen, Experten antworten
Die Bedeutung der Amtsverlängerungsklausel: Bleibt der Vorstand unbegrenzt im Amt?
| Die Amtszeit des Vorstands läuft bald ab und wir haben noch keine Kandidaten für die Neuwahl. Allerdings enthält unsere Satzung eine Klausel, nach der der Vorstand nach Ende der Amtsperiode im Amt bleibt. Wie lange gilt das und müssen die Vorstandsmitglieder unbegrenzt weitermachen? |
Antwort: Die Amtsverlängerungsklausel bedeutet, dass die Amtszeit nicht automatisch endet. Allerdings kann der Vorstand eine Mitgliederversammlung zur Neuwahl einberufen, auch wenn sich hier kein neuer Vorstand findet. Dort kann er seinen Rücktritt erklären, ansonsten bleibt er im Amt.
Zweck von Amtszeitverlängerungsklauseln
In den meisten Vereinssatzungen ist die Amtszeit des Vorstands begrenzt üblicherweise auf ein bis drei Jahre. Eine solche Klausel ist eigentlich nicht erforderlich. Denn der Vorstand kann jederzeit abberufen werden. Eine Amtszeitbegrenzung erzwingt aber Neuwahlen am Ende der Amtszeit. Das Problem dieses Procedere ist, dass der Verein ohne gesetzlichen Vertreter ist, wenn die Amtsperiode endet und noch keine Neuwahlen erfolgt sind.
Deswegen wird die Klausel zur Begrenzung der Amtszeit meist um eine Amtsverlängerungsklausel ergänzt. Ihr Sinn besteht darin, dass der alte Vorstand im Amt bleibt, wenn die Neuwahlen nicht rechtzeitig vor Ende der Amtszeit erfolgen. Amtszeitverlängerungsklauseln führen also dazu, dass die Amtszeit des Vorstands nicht automatisch endet.
Regelt die Satzung es nicht anders, gilt diese Amtszeitverlängerung unbegrenzt. Der Vorstand bleibt im Vereinsregister eingetragen und hat weiter alle Vertretungsbefugnisse (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.06.2022, Az. 12 U 137/21).
Wann endet die Amtszeit des Vorstands?
Die Neuwahl ist automatisch die Abberufung des amtierenden Vorstands. Ohne Neuwahl verlängert sich die Amtszeit grundsätzlich unbegrenzt; sprich das Amt endet erst mit dem Rücktritt. Den Rücktritt müssen Vorstandsmitglieder jeweils einzeln gegenüber einem anderen Vorstandsmitglied oder gegenüber der Mitgliederversammlung erklären.
Wichtig | Das absehbare Ende der Amtszeit stellt keine Überraschung dar. Damit greift die sog. Unzeitregelung hier nicht. Der Vorstand kann nicht in Haftung genommen werden, wenn sein Rücktritt den Verein schädigt.
Theaterverein: Ist die Vermietung eines Theatersaals ein Zweckbetrieb des Vereins?
| Unser Theaterverein (Förderung von Kunst und Kultur) vermietet den vereinseigenen Theatersaal tageweise sowohl an freie Theatergruppen, die bei uns Mitglied sind, als auch an Nichtmitglieder. Fallen die Einnahmen in den Zweckbetrieb? Gilt das auch für die Mitvermietung von Lichtpult und Tontechnik? |
Antwort: Mindestens die Vermietung des Theatersaals an Mitglieder sollte als Zweckbetrieb behandelt werden können. Für Nichtmitglieder wird das regelmäßig nicht gelten. Da Rechtsprechung und Finanzverwaltung die Vermietung nur in Sonderfällen als Zweckbetrieb anerkannt haben, sollten Sie die Frage aber mit dem Finanzamt abklären.
Die Einordnung als allgemeiner Zweckbetrieb
Weil es sich bei der Vermietung um keine kulturelle Veranstaltung nach § 68 AO handelt, kommt für die Zweckbetriebszuordnung nur § 65 AO in Frage; sprich die Einordnung als ein sog. allgemeiner Zweckbetrieb. Hier gelten als Prüfkriterien: Zwecknähe, Zwecknotwendigkeit und Konkurrenzverbot.
- Die Zwecknähe kann bejaht werden, weil mit der Überlassung des Theatersaals kulturelle Zwecke des Vereins gefördert werden.
- Bei der Zwecknotwendigkeit geht es um die Frage, ob die kulturellen Satzungszwecke nur durch die Vermietung oder auch auf anderem Weg erreicht werden können. Da geeignete Räume für die Theaterproben unverzichtbar sind, spricht das für die Notwendigkeit der Überlassung des Saals. Vergleichbare Räumlichkeiten werden eher schwer zu finden sein. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Überlassung entgeltlich erfolgt.
- Das Konkurrenzverbot betrifft die Frage, ob andere Anbieter vergleichbare Leistungen anbieten. Dies ist mit Blick auf die besondere Art der Leistung zu beantworten: Es wird kaum vergleichbare Angebote auf dem Markt geben. Räume ohne entsprechende Ausstattung (wie Bühne und dazugehörige Technik) müssen dabei nicht mit einbezogen werden.
Überlassung der Licht- und Tontechnik
Die Überlassung der Licht- und Tontechnik wird nicht anders behandelt als die des Raums. Sie spricht sogar eher für einen Zweckbetrieb, weil sie verdeutlicht, dass der Saal ganz speziell für Theaterzwecke genutzt wird.
Kleingartenverein: Was gilt bei Schenkung und Weiterverkauf von Parzellen-Aufbauten?
| In unserem Kleingartenverein kommt es immer wieder vor, dass Mitglieder ihre Parzellen abgeben und die Lauben und andere Aufbauten dem Verein schenken wollen. Wir nehmen dann von den neuen Pächtern teils eine Abstandszahlung. Wie müssen wir diese Abstandszahlung steuerlich behandeln? Können wir den ausscheidenden Pächtern eine Spendenbescheinigung ausstellen? |
Antwort: Bei der Ausstellung von Spendenbescheinigungen ist Vorsicht geboten, weil der alte Pächter regelmäßig keinen Zahlungsanspruch hat und zudem die Bewertung der Aufbauten schwierig ist. Die entgeltliche Weitergabe ist regelmäßig steuerpflichtig.
Überlassung der Aufbauten als Sachspende?
Sofern der Pachtvertrag nichts anderes bestimmt, hat der Pächter weder einen Anspruch auf eine bestimmte „Ablösesumme“ noch da-rauf, bestimmte Teile von Aufbauten auf der Parzelle zu belassen. Auch aus dem Bundeskleingartengesetz ergibt sich kein Anspruch.
Weil der Pächter keinen Rechtsanspruch auf eine Abstandszahlung hat, ist das Ausstellen einer Spendenbescheinigung problematisch. Es fehlt regelmäßig an einem Vermögensabfluss als Voraussetzung für die Einordnung als Spende. Damit erübrigt sich die schwierige Ermittlung des Werts der Aufbauten, die für eine Spendenbescheinigung bei Sachspenden aus dem Privatvermögen erforderlich wäre.
So sollte der Verein vorgehen:
Der bisherige Pächter einigt sich mit dem neuen auf eine Abstandszahlung und spendet den Betrag dann an den Verein (wobei der neue Pächter den Betrag auch direkt an den Verein zahlen kann). Dann liegt eine echte Geldspende vor, dem Spendenabzug steht nichts entgegen. Dieses Spendenverfahren ist auch für den Verein steuerlich optimal, weil die Geldspende bei ihm eine steuerneutrale Einnahme des ideellen Bereichs ist.
Erhält der Verein die Aufbauten geschenkt, ist die entgeltliche Weitergabe an den neuen Pächter nur dann steuerneutral, wenn der Weiterverkauf die Ausnahme darstellt. Das wird regelmäßig nicht der Fall sein. Besteht also eine „Wiederholungsabsicht“, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor. Damit muss der Verein die Einnahmen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verbuchen. Für eine Zweckbetriebszuordnung wird der Satzungsbezug also auch die zwingende Notwendigkeit für die Erreichung der Satzungszwecke fehlen (§ 65 AO).